Burgdorfer StadtMAGAZIN Nr. 02 - Sommer 2021

13 als Betriebsleiterin angeboten. Und so kam auch Karl Iseli beruflich zum Kino. 1958 begann er als Opera- teur. Und als die Iselis sahen, dass das Palace gut rentierte, meldeten sie ihr In- teresse an, dieses zu überneh- men. Doch Hans Hirt wollte (noch) nicht verkaufen, wes- halb sie vorerst in Zollikofen beim Marabu eingestiegen sind. Erst 10 Jahre später konnten sie schliesslich das Palace erwerben. Das Kino im Wandel der Zeit In Zeiten von Netflix & Co. sowie einer schier unüber- blickbaren Programmflut im Fernsehen tut sich das Kino schwer. Besonders die Lichtspielhäuser auf dem Lande dezimierten sich in den vergangenen Jahrzehn- ten. Erst waren es die Videotheken, dann das aufkom- mende Angebot an DVDs und weiteren Filmmedien, welche das Publikumsinteresse abnehmen liessen. Nicht nur auf dem Land – auch in den Städten ist der Schwund von Kinos feststellbar. Überlebensfähig sind anscheinend nur die grossen so genannten Multiplex- Häuser, welche viele Kinosäle in sich vereinen und mehr und mehr in die Peripherie abwandern. Oder jene Kinos, die sich auf eine Nische spezialisiert haben. Auch Karl Iseli musste sich während seiner Zeit als Kinobesitzer den Trends anpassen: Anfang der 80-er Jahre baute er im Parterre des Palace einen Spielsalon ein, mit Flipper- und Töggelikästen sowie Billardtischen. «Das hat mir nicht nur Freunde einge- bracht», erinnert er sich. Etwas später, mit dem Auf- kommen von VHS, richtete er zusätzlich eine Videothek ein. Und er etablierte Spätvorstellungen, damit sich das Publikum auch nach dem Abendverkauf noch einen Kinofilm anschauen konnte. Mit Schmuddelfil- men lockte das Ehepaar Iseli Bauern und Knechte ins Kino. Und nachdem sie mit dem Scala in Thun ein grö- sseres Stadtkino besassen, war es ihnen auch mög- lich, Filmkopien nach Burgdorf zu holen, die erst später für die ländlichen Filmbühnen verfügbar waren. Filmprojekt mit dem Kino-Veteranen Die beiden Filmautoren Steff Bossert und Raff Fluri drehten letzten Oktober ein umfangreiches Interview mit Karl Iseli. Die entstandenen Aufnahmen mit Erin- nerungen aus dem reich befrachteten und engagiert geführten Leben des Burg- dorfers werden im Rahmen des Oral-History-Projekts in der Kinemathek Lichtspiel in Bern aufbereitet und zugäng- lich gemacht. Darin kommen auch seine Erinnerungen an Begegnungen mit Schweizer Film-Persönlichkeiten wie dem Regisseur Franz Schnyder zur Sprache. Dieser visionierte gerne frisch gedrehte Szenen im Burgdorfer Palace, liess sich Rohfassungen und noch ungeschnittene Szenen von Karl Iseli vorführen. Denn Karl Iseli beherrschte das Vorführen von Filmen und war während seiner Zeit als Kinobesitzer auch Ausbildner von Operateuren. Zudem half er beim Aufbau der Operateurschule in Solothurn und bekleidete eine Hauptrolle im Film «Der Kino-Operateur», einer Dokumentation über diesen Beruf. Und heute? Welchen Stellenwert hat der Film im Leben des 100-jährigen Karl Iseli? «Natürlich schaue ich mir auch heute noch gerne Filme an. Am liebsten einen klassischen Western.» «Wir haben einiges unternom- men damit die Leute ins Kino kamen – mit Reklame, Aktio- nen und anderen Aktivitäten.» Karl Iseli nwand Auch mit seinen 100 Jahren ist der ehemalige Kinobetreiber Karl Iseli noch rüstig. Filmemacher Raff Fluri (rechts) interviewt ihn im Oktober 2020 für ein ausführliches Portrait Bild rechts: Steff Bossert

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