Burgdorfer StadtMAGAZIN Nr. 03 - Herbst 2020

28 Denn die bereits vorhandenen und zur Erbringung von städtischen Dienstleistungen benötigten Systeme sind natürlich im Lauf der Zeit innerhalb der verschiedenen Direktionen und Abteilungen relativ unabhängig vonei- nander entstanden. Wenn man nun neue digitale Dienstleistungen anbieten will, die beispielsweise In- formationen aus mehreren Bereichen der Verwaltung benötigen, braucht es eine Bereinigung oder Harmoni- sierung der Systeme und Schnittstellen. «In der heuti- gen Zeit ist es nicht mehr zumutbar, dass sich die Kunden ihre Informationen aus x verschiedenen Quel- len zusammensuchen müssen», sagt Andreas Röss- ler. Ziel der digitalen Interaktion zwischen der Verwaltung und ihren Kunden (Bürgerinnen und Bür- ger, Unternehmen, Partner) müsse es sein, dass mög- lichst alle Abläufe und Anfragen mit wenigen Klicks, ganz bequem, rund um die Uhr und mit nur einem «Login» erledigt werden können. Und dies setzt eben voraus, dass die Daten aus den heute heterogenen Systemen zuverlässig verknüpft werden können. Dieser Grundgedanke ist auch in den Leitlinien der E- Government-Strategie 2020-2023 des Bundes veran- kert. Die von Bund, Kantonen und Gemein- den definierte Strate- gie formulier t die gemeinsamen Ziele der Digitalisierung. Der neue Leitgedanke darin lautet «Digital First». Als Ziel wird folgendes formuliert: «Die Behörden bieten ihre Informationen und Dienste grundsätzlich elektronisch an, wo immer möglich adap- tiert für mobile Geräte. Sie verbessern den Zugang zu ihrem elektronischen Leistungsangebot, stellen des- sen Barrierefreiheit sicher und setzen auf durchgängig elektronische Prozesse.» Digitale Transformation ist Innovation Die sonst so innovationskräftige Schweiz gilt bei der digitalen Transformation im internationalen Vergleich nicht gerade als Vorreiter. Ganz anders das kleine, eher unscheinbare Estland. Die Republik hoch oben im Norden des Baltikums bietet ihren Bürgern und Unter- nehmen hunderte von e-Diensten für praktisch alle Lebensbereiche an. Vor allem die Bürgerdienste wur- den hier praktisch vollständig ins Internet verlegt. In «E-Estonia», wie sich das Land selbst gerne nennt, sind nahezu alle Behördenangelegenheiten mit ein paar Klicks von zu Hause aus oder von unterwegs be- quem zu erledigen. Als Schlüssel zu all diesen Diensten dient eine ID- Karte, die gleichzeitig Online-Pass, Führerschein, Versicherungskarte und vieles mehr ist. Und die E- Esten bauen ihr Angebot laufend aus. Künftig sollen mehr «proaktive» Dienste eingeführt werden, die den Bürgerinnen und Bürgern das Leben noch einfacher machen. Die Rede ist von automatisierten Prozessen, die sogar die digitalen Behördengänge bezüglich be- stimmter Lebensereignisse weiter reduzieren sollen. Zum Beispiel bei der Geburt eines Kindes: Sobald ein Kind zur Welt kommt, informiert das Krankenhaus die Behörden. Hier werden automatisch alle Formalitä- ten, von der Anmeldung über mögliche Zuschüsse und Versicherungsangelegenheiten in Gang gesetzt. Die Eltern werden, ohne dass sie sich selbst darum kümmern müs- sen, per Mail darüber informier t, welche Leistungen sie bean- spruchen können. Sie brauchen die Nach- richt nur noch zu be- stätigen und ersparen sich so alle Antrag- stellungen, die sonst nach der Geburt eines Kindes nötig waren. Hierzulande und auch in Burgdorf ist das noch Zukunftsmusik. Ob, wie weit und in welchen Lebensbereichen die digitale Trans- formation ähnlich weit vorangetrieben wird, lässt sich noch nicht abschätzen. Dennoch gibt es Bereiche, in denen proaktive digitale Dienste auch bei uns schon weiter fortgeschritten sind. Eine herausragende Rolle spielen dabei Anwen- dungen rund ums Bauen, die Stadtplanung und Stadt- entwicklung. Derzeit engagiert sich Burgdorf in einem Entwicklungsprojekt, das den Mehrwert von digitalen «Bestehende Prozesse zu digitalisieren, wie etwa Formulare online zur Verfügung zu stellen, ist nur das Pflichtprogramm. Denn das erwartet mittlerweile jeder, der im Alltag ein Handy benutzt. Neue digi- tale Prozesse zu erfinden und damit ganz neue Leistungen und Produkte mit zusätzlichem Kundennutzen anbieten zu können ist die Kür.» Andreas Rössler

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