Burgdorfer StadtMAGAZIN Nr. 03 - Herbst 2020

13 Einen Tag später, am 5. Februar, kamen 1’200 Bour- bakis in Burgdorf an. 1’000 davon sollten hier ver- pflegt und untergebracht werden. Die restlichen 200 marschierten am nächsten Tag nach Langenthal wei- ter. Auch andere Gemeinden des Emmentals küm- merten sich um die vielfach erkrankten Soldaten. Lützelflüh nahm beispielsweise 245 Mann auf, Kirch- berg 335, Sumiswald fast 400 und Langnau deren 500. Und überall entstanden «Hülfskomitees», die Kleider, Wolldecken und Nahrung beschafften. Menschlichkeit in Kriegs- und Friedenszeiten Seit seiner Gründung hat das Emmentaler Rote Kreuz präventive Massnahmen zur Krisenbewältigung ergriffen. Jedes Jahr war ein Grossteil des Budgets für die Anschaffung von medizinischer Ausrüstung mental und Spitalbetten vorgesehen. Während des ersten Weltkriegs organisierte es warme und saubere Klei- dung für an der Grenze stationierte Soldaten und veranstaltete zahlreiche Sammelaktionen. In der Zwi- schenkriegszeit standen andere Ziele im Fokus. So baute man unter anderem das Tuberkulose Programm soweit aus, dass Behandlungskuren für erkrankte Kinder aus eigener Kraft finanziert werden konnten. Im zweiten Weltkrieg dann sammelte das Emmentaler Rote Kreuz mehr als 170’000 Franken zugunsten von Kriegsopfern im Kindesalter. Darüber hinaus wurden über 100’000 Kleidungsstücke gesammelt, sortiert und in der Schweiz und im Ausland verteilt. Nach Kriegsende dann empfing das Emmental viele kriegs- geschwächte Kinder aus Deutschland und Osteuropa zu Erholungsaufenthalten in Gastfamilien. Einige Jahre später, nach dem Ungarischen Aufstand gegen die Sowjetunion, nahm das Emmentaler Rote Kreuz 94 Flüchtlinge auf. Und nach dem Prager Frühling 1968 wurden tschechoslowakische Kinder in Gastfa- milien vorübergehend untergebracht. Neue Dienste ab den 1960er Jahren Während dem wirtschaftlichen Aufschwung der 1960er Jahre waren Überalterung, soziale Isolation und der Mangel an Pflegepersonal zentrale gesell- schaftliche Themen. Das Rote Kreuz erneuerte dar- aufhin seine Dienste und Angebote. So entstanden Hauspflege-Kurse, Ausbildungen für Pflegehelfer­ Innen und das erste ergotherapeutische Zentrum in Burgdorf. Seither ist das Angebot stetig gewachsen und hat sich den Bedürfnissen der Zeit angepasst. Gleichzeitig wurden professionellere Strukturen auf- gebaut, um all die neuen Dienste zuverlässig und mit hoher Qualität anbieten zu können. Heute unterstützt und entlastet die SRK Regional- stelle Emmental Einzelpersonen, deren Angehörige und Familien. Rund 20 Mitarbeitende, 50 Tageseltern und über 400 Freiwillige beraten, betreuen und begleiten Kundinnen und Kunden und fördern so deren selbstbestimmtes Leben. Die Angebote reichen vom Besuchs- und Begleitdienst, dem Einkaufs- und Fahrdienst über den Rotkreuz-Notruf bis zur Kinder- betreuung zu Hause, in Tagesfamilien oder durch die Vermittlung von Babysittern. Im Kurs «Pflege zu Hause» wurde gelehrt, wie man Kinder, alte oder kranke Menschen betreut Bild links: Soldaten der Bourbaki-Armee werden von Vertretern des Roten Kreuzes gepflegt. Bei der Internierung der 87’000 Mann kam das Rote Kreuz 1871 zu seinem ersten Grosseinsatz. Bild: © Archiv SRK

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