Burgdorfer StadtMAGAZIN Nr. 02 - Sommer 2020

6 Im Mittelalter gehörten Fürsorge und Armenwesen zu den Aufgaben der Kirche. Die ersten Institutio- nen, die sich aus dem Gebot der Nächstenliebe um die Armen, Kranken oder um verwaiste Kinder küm- merten, waren kirchliche Einrichtungen. Erst im Lauf der Jahrhunderte übernahmen Gemeinde, Kan- ton und Staat Verantwortung für das Überleben der gesellschaftlichen Randgruppen. Die wichtigsten von der Kirche unterhaltenen Einrich- tungen für bedürftige Personen waren die Spitäler. Diese richteten sich im Mittelalter und in der frühen Neuzeit nicht nur an pflege- bedürftige, kranke Perso- nen, sondern dienten viel umfassender der Versor- gung von mittellosen Bür- gerinnen und Bürgern, die nicht von ihren Angehörigen unterstützt werden konn- ten. Daneben kümmerten sich die Spitäler auch um Reisende und Pilger. Auch in Burgdorf gab es bereits seit den Anfängen der Stadtgeschichte zwei Spitä- ler und ein Siechenhaus. Im Burgdorfer «Niederen Spital» stand ab etwa 1500 eine «Freistätte» für durchziehende Pilger und Arme zur Verfügung, die ihnen Unterkunft für einen Tag und ein Mahl zusicherte. Und Reisende gab es in jenen Zei- ten viele. Je nach Versorgungslage, politischen Krisen oder Ernteausfällen waren viele Menschen mehr oder weniger erfolgreich als Tagelöhner unterwegs. Das Niedere und das Obere Spital Das Niedere oder Untere Spital war vermutlich eine Stiftung der Alt-Kyburger und wurde bereits im Zuge der zweiten Stadterweiterung in den 1280er Jahren ge- baut. Es lag wie das benach- bar te Bar füsserkloster ausserhalb der ursprüngli- chen Stadtmauern in der Un- terstadt, am Standort des heutigen alten Schlachthau- ses. Es diente von Beginn weg als Armen-, Kranken- und Pilgerasyl mit eigener Kapelle und einem Kaplan. Zum Nie- deren Spital gehörten ver- mutlich auch schon bald zwei Badstuben. Verwaltet wurde es von einem Spitalvogt, der aus demKreis der städtischen Geschichte des Sozialwesens Von der Bettelordnung zur S «…allen bilgern und armen lúten, so hinfúr in den obgenanten unnsern Nidern Spital koment und die soelichs begerent und ervordernt, namlich einen tag und ein mal an irem fúrganng, ir jedem ein schússel mit musß zegeben und usßzerichten…» Gesetzestext zur Stiftung einer Freistätte für Pilger und Arme im Niederen Spital 1507

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