Burgdorfer StadtMAGAZIN Nr. 02 - Sommer 2019

6 Emmentaler Käse wurde bereits im 18. Jahrhundert in die ganze Welt exportiert. Die Käsemetropole war allerdings nicht Burgdorf, sondern Langnau. In jener Zeit wurde der Käse noch nach alter Tradition von den Alpbetrieben hergestellt. Umtriebige Händler wie Jo- hannes Mauerhofer, der bereits mit Leinen handelte, entdeckten das Potenzial des einheimischen Natur- produkts und jagten den besten Alpkäsen hinterher, um sie in alle Herren Länder als Delikatessen zu ver- kaufen. Abnehmer waren unter anderem ausländi- sche Herrscherhäuser von Madrid bis Moskau. Zusammen mit dem Leinwandhandel trug der Käse- export viel zum vergleichsweise hohen Lebensstan- dard im Oberemmental bei. Doch der Käseexport hatte seine Tücken: Der Trans- port der grossen Käselaibe auf dem Land- und Was- serweg war teuer und unsicher. Zudem band der Käse viel Kapital, weil er auf eigenes Risiko gelagert und ausgereift werden musste. Kein Wunder also, dass sich die gut situierten Leinwand- und Tuchhändler der Sache annahmen. Sie hatten bereits Erfahrungen mit den europäischen Handelswegen und Kontakte in ferne Märkte aufgebaut. Sie waren es schliesslich, die den Weg des Emmentaler Käses in alle Welt ebneten. Vom Alpkäse zum Talkäse Das «Käsefieber» brach vollends aus, nachdem die ersten Talkäsereien ihren Betrieb aufgenommen hat- ten. Die Milch wurde nicht mehr allein von Kühen beim Sömmern auf der Alp genommen, sondern auch von Tieren, die auch im Sommer im Tal, bzw. im Stall blie- ben. Die Käsehändler stellten zufrieden fest, dass selbst die «feinsten Berliner oder Petersburger Nasen» den Unterschied zwischen Alp- und Talkäse nicht bemerkten. In Burgdorf gab es bald einmal drei starke Käsehan- delsunternehmen: Bereits 1848 gründete Heinrich Fehr jenes Unternehmen, das später die Roth & Co AG wurde. Fehr stammte aus Zürich und wurde von der Familie Schnell nach Burgdorf gerufen, weil deren florierendes Handelsimperium einen ausgewiesenen Exportkaufmann benötigte. Nach einigen Jahren und mit der Unterstützung der Familie Schnell gründete Fehr zusammen mit seinem Teilhaber Ludwig Grieb das erste Burgdorfer Käsehandelshaus. Wenig später baute er seinen ersten Käsekeller zur Lagerung und Pflege der Käselaibe im heutigen Alpina Areal. Fast zeitgleich entstand das Handelsgeschäft S. Bürki & Co AG (die spätere Milka Käse AG) und als dritter im Bunde siedelte die Mauerhofer & Co AG ihren Käsehandelszweig in Burgdorf an. Die Stadt wurde neben Langnau zum Zentrum des Emmentaler Käse­ handels. Käseexport im grossen Stil Die riesigen, bis 100 Kilo schweren Emmentaler Laibe gelangten auf dem Landweg von Burgdorf aus bis an die Grenzen Europas und weiter mit Dampfern um die halbe Welt. Wenn von hier aus die direkte Belieferung nicht möglich war, wurden Depots eingerichtet. Ein Verzeichnis von Heinrich Fehr zählt 1855 auf, wo wie viele Laibe des originalen Emmentalers eingelagert sind: Petersburg 78, Moskau 60, Konstantinopel 380, New York 150, Lima 21, Hong Kong 4 etc. Die Blütezeit des ungebremsten Käseexports war je- doch reichlich kurz. Denn plötzlich gab es billigeren preussischen Emmentaler, russischen und französi- schen. Der Emmentaler wurde nachgeahmt und war Emmentaler Käse wird am Hamburger Hafen Richtung New York verschifft. Der Emmentaler erobert die Welt Bild: Archiv Fromage Mauerhofer

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc3MzQ=