Burgdorfer StadtMAGAZIN Nr. 02 - Sommer 2019

5 wohner. In 300 Jahren waren demnach nur 400 Perso- nen dazu gekommen. John Harrison, der unliebsame Pionier Geradezu sinnbildlich für den damaligen Stillstand in unserer Gegend ist die Episode von John Harrison. Der Engländer liess sich um 1770 in Burgdorf nieder, um im Lochbach eine «Quincailleriefabrique», eine Stahlwarenfabrik zu errichten. Er wurde anfänglich mit offenen Armen empfangen, weil man sich von sei- nem Vorhaben, Bestandteile für die im Jura aufblü- hende Uhrenindustrie zu fertigen, wirtschaftlichen Aufschwung und Arbeitsplätze erhoffte. Er konnte Land erwerben und eine Fabrik aufbauen. Mit seinem englischen Liberalismus im Blut und seinem unter- nehmerischen Tatendrang kollidierte er aber schon äse und Bier bald mit den hiesigen Gepflogenheiten und den rest- riktiven Gesetzen. Dies zum Beispiel, weil er zum An- trieb seiner Maschinen kurzerhand das Buswilbächlein oberhalb des Bades staute, das Wasser umleitete und ein grosses Wasserrad installierte. Oder weil er ohne Bewilligung Sandstein aus der Geissgratflue brechen liess. Jedenfalls scheiterten Harrisons grosse Pläne und er ging bereits 1804 in Konkurs. Später erwarb die Familie Schnell das Gebäude. Aufschwung nach 1831 Die Verfassung für die Republik Bern von 1831, an der übrigens der Burgdorfer Johann Ludwig Schnell massgeblich mitwirkte, anerkannte die Freiheit der Niederlassung, des Landbaus, des Handels und der Gewerbe. Sie schuf Voraussetzungen für einen indus- triellen Aufschwung. Und so richtig in Fahrt kam die Burgdorfer Wirtschaft nach der Einführung der Bun- desverfassung 1848. In diesen Jahren wurden zahl- reiche Unternehmen gegründet, die bis in die heutige Zeit bestehen. Die Wohnbevölkerung wuchs rasant, denn zwischen 1831 und 1850 verdoppelte sich die Einwohnerzahl nahezu von 1940 auf 3640 Einwohner. Treibende Branche war weiterhin die Textilindustrie. Angezogen von den besseren Rahmenbedingungen und der Aussicht auf den Anschluss an die Bahnlinie von Olten nach Bern, siedelten die Brüder Miescher aus Walkringen die erste mechanische Flachsspinne- rei des Kantons Bern in Burgdorf an. Auch die Ansied- lung der Leinenweberei Schmid & Co, die Gründung der Bucher & Co und etwas später der Kunstwollfab- rik Hubler & Schafroth fallen in diese Zeit des Auf- bruchs. Ein weiterer bedeutender Industriezweig war die Bleiweiss- und Farbenfabrikation, die mit zwei Betrieben eine beachtliche Anzahl Arbeitsplätze schuf. Und nun begann auch die grosse Zeit des Käse­ handels. Bild: Burgerarchiv Burgdorf Die Bleiweiss- und Lackfabrik im Lochbach war eine der ersten ihrer Art in der Schweiz Bild: Archiv Fromage Mauerhofer Käsetransport mit Ross und Wagen: Von den Emmentaler Hügeln in die Welt hinaus.

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